Montag, 8. August 2011

Gedanken die im Sand versinken.

Die Flucht aus Cairns fällt schwer. Das könnte daran liegen, dass der Abschied vom Great Barrier Reef irgendwie doch ziemlich schnell passierte. Viel ausschlaggebender ist aber wahrscheinlich der Fakt das die Heimreise immer näher rückt. Beim entdecken unglaublicher Naturwunder, unter dem vor Sternen explodierenden Nachthimmel im Outback, beim Fahren tausender Kilometer entlang endloser Straßen, wenn Abenteuer und Action das Adrenalin im Körper aufkochen lassen, in einsamen Stunden, sowie mit jeder Begrüßung neuer Freunde, immer sind wir begleitet von diesem einen Gedanken. Irgendwann wird all das vorbei sein . . . Aber wie würde das wohl sein?? Oft hat man sich darüber unterhalten.Doch nun wird aus Fiktion Realität, aus Ideen werden Pläne und aus Spekulation wird langsam Klarheit. Fakt ist: ein bisschen Zeit bleibt uns noch und die werden wir gebührend nutzen.

Nach einigen mehr oder weniger geglückten Surfausflügen “along the way” heißt der nächste Stop: Hervey Bay. Ein verschlafenes Städtchen an der nordöstlichen Küste Queenslands. Über einen Internetaufruf treffen wir auf Dave.
Er ist aus Kanada, kam auch als Backpacker nach Down Under. Jetzt, rund 20 Jahre später, hat er hier ein Haus, drei Kinder, keine Frau mehr (er sagt zum Glück) und darf sich australischer Staatsbürger nennen. Sein Haus könnte man allerdings eher als Refugium für die ortsansässige Jugend beschreiben. Verständlich. Aufgrund seiner kollektiven Art und dem Hang gerne Geschenke anzunehmen, die andere Menschen als Sperrmüll bezeichnen würden, hatte er ein wahres Königreich an Habseligkeiten angesammelt.3 Boote, ein Trampolin, Bogenschießanlage, ein Baumhaus, Feuerstelle, Camping Trailer, ein Projektor für Abende mit Heimkino und Xbox 360, eine Garage voll mit Zeug und duzende Skateboards, Scooter usw. Kurz, ein Ort voller Schätze, Fundstücke und Verstecke. Viel wichtiger war wahrscheinlich aber der Fakt, dass wenn die Schulglocke das Wochenende einläutete, auch der ein oder andere Drink im Asylheim Dave gekippt werden konnte. Welches Kind würde nicht gern an einem Ort sein, an dem man all das machen kann, was einem die eigenen Eltern verbieten.

Aber nun zurück zum eigentlichen Grund unserer Zusammenkunft mit Dave. Neben einigen Tagen kostenloser Übernachtungen in separaten Betten, war der Mittelpunkt unseres Aufenthalts in Hervey Bay ein Trip nach Fraser Island. Fraser Island ist die größte australische Sandinsel mit tropischer Fauna. Da die Insel jedoch zum Wandern einfach zu groß ist und James die passenden „Wanderschlappen“ fehlen, musste erstmal ein alternativer Plan ran. Die immensen Kosten einer kommerziellen Tour waren schockierend. Hier kam Dave ins Spiel. Über Internetwerbung betreibt der ehemalige Ranger und Tourguide nun private Mountainbiking Trips zur Insel. Richtig! Fraser Island ist eine Sandinsel und ja, Mountainbike Trips.



Oh Mann! Es kann sehr deprimierend sein. Man tritt mit aller Macht, am Berganstieg, in die Pedale. Die Geschwindigkeit mit der man sich fortbewegt, fühlt sich kaum schneller als 1 Meter pro Stunde an. Und um die Schande des Momentes noch ein wenig unerträglicher zu machen, wird man von einem 25 Jahre älteren, mit Gepäck vollgepacktem Mann, in erniedrigend hoher Geschwindigkeit, überholt. Soviel zu den harten Momenten. Doch die unvergesslich schönen überwiegen! Lassen wir doch mal wieder die Bilder sprechen.


























Nach ein paar Tagen sagen wir „auf Wiedersehen Fraser . . . HALLO James!“. Die Verkaufsanzeige ist schnell online und erste Klicks werden mit Freude verzeichnet. Auf der Suche nach Ummeldepapieren, sowie Infos zu Verkaufs- und Übergabedokumenten kommt der Schock! Das Roadworthy Certificate ist eine australische “Straßentauglichkeits- Untersuchung” und Pflicht für JEDEN Autoverkauf. Bemühungen selbiges zu erwerben müssen vor der Umwerbung des zu verkaufenden Fahrzeuges erfolgen. Nicht- vorzeigen des RWC’s auf Anfrage kann mit einem Bußgeld von 500$ geahndet werden. So war der Internetaufruf ebenso schnell wieder gelöscht wie er veröffentlicht wurde. Egal, einfach schnell zum Mechaniker, den Wisch geholt und dann passt das schon. So der Plan. Ich blicke in das Gesicht des Werkstattmeisters als man uns anhand einer möglichst langen Liste kommerzieller Pingeligkeit, einredet den Van lieber gleich zu verschrotten. Ich stelle mir einen kleinen, giftigen Gnom vor, der mir seine dämonischen Dienste im Austausch zu meiner Seele anbietet. Doch das ist ein Preis den wir nicht bereit sind zu zahlen!!! Den Werkzeugkoffer zur Seite, stellen wir uns der teuflischen Liste. Einbauen, Umbauen, Festziehen, Justieren, Schleifen, Kitten, Lackieren. . .



Bewundernswert welche Mächte im eigenen Körper warten, geweckt zu werden. Noch dazu muss man unserem Michael jede Danksagung widmen. Gut, als Rostbehandlungsmeister und Lackierfuzzi habe ich meinen Teil beigetragen. Aber es war der Micha, der mit den Waffen erfahrener Heimwerkerlogik die heiß begehrte Roadworthy errungen hat.
Ein Problem bleibt. Die tagelange Arbeitszeit hatte uns aus dem Zeitplan geworfen.

UND SO HEISST ES: JETZT ABER SCHNELL!!! AB NACH BRISBANE!!!

Basti

Montag, 18. Juli 2011

Wunderwelten.

Wären wir mit dem Raumschiff Enterprise irgendwo im All unterwegs, dann würde ich jetzt sagen, dass wir uns von Broome (Nordwesten) nach Cairns (Nordosten) gebeamt haben. Zack! Broome – Cairns. Leider haben wir das mit dem Beamen noch nicht so gut raus. Deshalb verbrachten wir einige Tage hinterm Steuer! Mist. Aber hey, das Fahren hat ja auch Vorteile! Man kann unterwegs ein paar Abenteuer bestehen. Beamen an sich ist ja erfahrungsgemäß eher langweilig. Wir haben, getrieben vom Heißhunger auf Strand und Palmen, trotzdem unser Bestes gegeben. Im Norden gibt es zwar auch schöne Strände, allerdings muss man da mit dem Schwimmen immer ein bisschen aufpassen. Da gibt es nämlich diese vierfüßigen Gefährten, die, wenn man zu nahe kommt, einem mal eben das Bein abbeißen. Oder den Körper. Dann ist man nur noch ein Bein. Weil wir das dann wiederum nicht so cool fanden, hielten wir lieber angemessenen Abstand zu diesen urzeitlichen Kampfmaschinen! 


Also wie gesagt, so schnell wie möglich an die Ostküste. Das der kürzeste Weg nicht immer der schnellste ist, wurde uns sehr beeindruckend von einigen Flussüberquerrungen und Dirtroads bewiesen. Nicht nur das Fahrwerk hat gemeckert und der Motor gehustet, nein, auch wir waren nicht ganz so begeistert. Eine millimeterdicke Staubschicht überdeckte nach 300km Schotterpiste einfach ALLES im Auto. Wir bleiben positiv und vermarkten es als eine weitere australische Erfahrung!




Die Ostküste übertraf aber dafür all unsere Erwartungen!
Tropische Regenwälder bewachsen die Berghänge. Die kurvenreichen Straßen und das grüne Dickicht ergibt ein echtes Fahrvergnügen. Wir sehen gewaltige Wasserfälle und entspannen am Nachmittag an, von Schildkröten bewohnten, natürlichen Pools und genießen die Sonne. Abends gibt es ein entspanntes Bier am Strand. Wir versuchen mit allen Mitteln Kokosnüsse zu ernten und sammeln Einsiedlerkrebse und Muscheln. Der Weg zurück zum Auto führt uns unter riesigen Farnen und mit Lianen bewucherten Urwaldriesen entlang. Überdimensionale Schmetterlinge flattern davon und eine Wasserschlange zuckt zurück in die Deckung der Mangroven. Es ist eine Wunderwelt!



Das Great Barrier Reef liegt vor der Tür. Für uns steht fest: Das wollen wir sehen! Also schlagen wir unser Quartier bei Michael, einem Couchsurfing Host, auf und durchforsten die unzähligen Angebote für die verschiedensten Rifftouren bis wir schließlich unseren Favoriten gefunden haben!
Ein fünf-Tages Kurs mit Pro-Dive soll es werden. In den ersten beiden Tagen werden uns in Klassenraumfeeling und im beheizten Pool die Grundzüge des Tauchens beigebracht. Es gibt viel zu beachten. Druckausgleich, Tiefenanzeige, Kompass, Luftreserven und und und. Doch am seltsamsten ist wohl das Gefühl unter Wasser atmen zu können. Nach dem Bestehen des theoretischen Tests am Nachmittag des zweiten Tages sind wir bereit für den Ozean!

Diese Begegnung in Worte zu fassen ist schwer. Hat man die ungewöhnliche Art der Fortbewegung und Atmung erst einmal für sich angenommen, ist alles was bleibt –Genuss-. Wo sich Das Tageslicht in der Nacht des Meeres verliert und wo das tiefe Blau einem jeden Rot die Farbe entzieht, gleiten wir schwerelos durch die endlosen Weiten des Great Barrier Reef. Eingehüllt in Gewächse die starr, krumm, buschig, tot, oder lebendig in die Umgebung raken, fühlt man sich wie Gast auf einem anderen Planeten. Umrahmt vom Atem des Ozeans und dem Rauschen unserer Regulatoren durchstoßen wir glänzende Schwärme bunter Fischen. Neben uns  versteckt sich Clownfisch Nemo in einer Seeanemone. Unter uns schaufelt sich ein Rochen sein neues Jagdrevier. Über uns steigt eine Schildkröte so groß wie das Brett eines Basketballkorbes zum Atmen auf. Die Anzahl verschiedener Eindrücke ist überwältigend, die Atmosphäre irgendwie magisch.







Kommt man aus dem Wasser wieder raus ist alles wieder ziemlich weltlich. Bepackt mit 20kg Tauchequipment und einer guten Masse Mensch ähnelt der Aufstieg auf das Boot ziemlich dem Heimweg nach einer „anstrengenden“ Nacht. Das entkleiden aus dem angenehm warmen Wetsuit, in der frischen Meeresbrise, wird nur durch den fleißig angesammelten Harndrang vereinfacht. Auch Zustände wie Hunger, Müdigkeit und Seekrankheit begrüßten uns gerne mal.

Doch ist all das schnell bekämpft. Ja, an Deck hat man uns gut versorgt. Nach jedem Tauchgang gab’s deftig Essen. Die Betten sind gemütlich, wenn auch nicht von europäischer Größe und gegen Magenbeschwerden hilft Mutter Medizin.

So kommen wir nach 3 Tagen auf Hoher See als lizensierte „Open Water- Diver“ zurück an Land, haben viele unvergessliche Erfahrungen gesammelt und wanken unseren Weg in Richtung Van. Wieso „wanken“!? Wer auch schon mal längere Zeit auf einem Schiff verbracht hat weiß sicher was das heißt. . .


Micha & Basti

Mittwoch, 22. Juni 2011

NorthWest.

Und schon wieder sind einige tausend Kilometer unter uns hinweggerauscht. Es ist ein gutes Gefühl wieder ON THE ROAD zu sein. Die Taschen sind Dank wochenlangen Arbeitens voll und wir können die Reise in unbeschwert genießen! Außerdem haben wir Verstärkung!! Semmel ist aus dem heimatlichen Weimar mal eben um die halbe Welt geflogen um uns ein wenig auf unserem Roadtrip zu begleiteten. Weltklasse – Weimar erobert Australien!




Raus aus dem Lärm der Stadt Perth, rein in die Abgeschiedenheit. Die richtige Einstimmung gibt es mit dem extra importierten Ehringsdorfer am westaustralischen Strand. Vielleicht der am weitesten gereiste Weimarer Edeltropfen. Wir machen Träume wahr, Trumpf bleibt Ehringsdorfer! Ich sage euch, die kleine Provinzbrauerei kann dem gesamten Bier des Kontinents noch einiges vormachen!!













Ab in den Norden, der Sonne hinterher, schließlich wollen wir dem Besuch aus der Heimat auch ein paar originale, schweißtreibende australische Tage bescheren. Es wär ja peinlich wenn es in Europas Sommer wärmer als im ozeanischen Winter wäre. Außerdem müssen durchfrorene Nächte im Zelt ja auch nicht sein. Da hilft selbst Semmels Bundeswehrausbildung nichts.



 Das Ziel heißt Exmouth. Zwischendurch liegen noch einige Nationalparks, klettertouren, Wüstenerkundungen und eingequetschte Stunden im Van.
Was es in Exmouth gibt? Vor allem eines: Fische! Direkt am Strand beginnt das Korallenriff! Mit Schnorchelausrüstung bewaffnet machen wir uns auf Entdeckungstour in unbekannte Gefilde. Es lauern tausende bunte Fische und Rochen, Salzwasser im Schnorchel, kleine Nemos und gewaltige Meeresschildkröten die entspannt durchs Wasser paddeln. Mal sehen, ob das Great Barrier Reef da mithalten kann.




Nächster Stopp unserer Abenteuertour ist der Karijini Nationalpark. Gewaltige Schluchten durchschneiden die Landschaft. Wir stehen auf wackeligen Vorsprüngen und schauen in die Tiefe. Siebzig Meter unter uns schlängelt sich ein kleiner Fluss durch die enge Schlucht. Es ist Schauspiel der Natur der allerersten Klasse.










Rote Felswände spiegeln sich im glasklaren Wasser des Flusses. Unser Entdeckerherz schlägt bis zum Himmel, perfekt ausgerüstet und mit großem Mut machen wir uns ans Werk. Schritt für Schritt klettern wir an der steilen Uferwand entlang. Manchmal gibt es keine andere Möglichkeit als sich durch schmale Ritzen im Fels zu quetschen. Es werden neue Freundschaften mit Spinnenweben und eiskalten Seen geschlossen. Doch immer neue Ausblicke  über die Landschaft und neue, kleine Naturwunder entlohnen uns. Seien es märchenhafte Teiche, gewaltige Wasserfälle oder türkisfarbenes Seewasser. Doch wie immer sagen ein paar Bilder mehr, als tausend Worte.





 

Nach diesem Naturschock geht es weiter ins triste, industriebepackte Port Hedland. Hier heißt es „Auf Wiedersehen in good old Dschörmänie“ denn Semmels Odyssee um den halben Globus zurück nach Hause geginnt. Wir sind gespannt, ob er es ohne große Komplikationen schaffen wird.
Auf jeden Fall waren es ein paar verrückte Wochen, drei Idioten, ein Auto und ein paar tausend Kilometer.

Donnerstag, 2. Juni 2011

Perth.


Der große Sommer zieht langsam vorüber und mit dem Herbst kehrt auch erstmal ein wenig Alltag ein. Viel ist im Augenblick nicht los. Vermutlich ist das auch der Grund für die momentane Bloggingfaulheit. Dennoch, ereignislos war die Zeit seit dem letzten Blogeintrag keines Wegs. Mehr als 2 Monate sind wir jetzt schon in Perth. Angefangen hat alles. . .naja, irgendwie eben. . . wie immer.



Nach dem Abschied von Vince und Kumpanen, galt es als erstes eine Bleibe zu finden. Das wir innerhalb von 24 Stunden eine dauerhafte Lösung für unseren Aufenthalt in der Stadt finden würden, hielten wir für etwas unrealistisch. Die Lösung: Couchsurfing. Nach unzähligen unbeantworteten oder abgelehnten Anfragen öffnete sich endlich eine Tür für uns. Scotty Joe ist der Name des 30 jährigen Australiers, in dessen Reich wir die ersten Tage verbringen sollten. Die richtigen Worte für die gewonnen Eindrücke zu finden ist schwierig. Sagen wir es so, Scotty hat eine ziemlich lange und traurige Geschichte zu erzählen die er weniger in Tränen als viel mehr in 10$ Weinpackungen ertränkt. Nach dem man ihn 10 Uhr morgens, das Frühstück, ins Waschbecken wiederkäuen sieht hört man Sätze wie:"I won’t let the Goon win!!"

Weitere detailgetreue Nacherzählung dahingehend würden nur zu Fehleinschätzungen über den Geisteszustand unseres Gastgebers führen und bleiben daher lieber aus. Niemand hätte uns den Einstieg in unser neues Leben mehr erleichtern können. Damit sind natürlich nicht nur wertvolle Tipps und Kontaktanlaufstellen gemeint.Während wir also die meiste Zeit mit Arbeits- und Wohnungssuche verbrachten, sorgte Scotty, je nach momentanem Gemütszustand, entweder für die Beschleunigung oder die Verarbeitung dieses Vorganges. Und dann waren da ja auch noch die ganzen anderen Besucher die sich langsam wie eine große Familie um den selbsternannten Hostelbesitzer scharten.

Man hatte immer viel zu lachen und das ist vor allem im Stress viel Wert. Hinter dem nach außen so abgestumpft und herunter gekommen wirkenden Scotty steckte eben eine durchaus charakterstarke und hilfsbereite Persönlichkeit, der es für einiges zu danken gilt.


Aufgrund des Rufes der Stadt sahen wir unsere Karriere Zukunft im Café- und Nachtleben. Das RSA (Responsible Serving of Alcohol) Zertifikat war in einem 3 stündigen Onlinekurs absolviert. Barkeeper und Stocker auf dem Future Music Festival, war die Belohnung die man uns dafür in Aussicht stellte.

Berufsbild:
-Bewirten von zehntausenden feierwütigen Freunden der „elektronischen Tanzmusik“

Aufgabenfeld:
-Getränkeausschank (Bier, Sekt, Wodka-Mix, Bourbon-Mix UND O-Saft)
-Aufstocken (Eis, Getränke UND gute Laune)
-Versuchen Chemieforschern und taumelnden Suffleichen klar zu machen das sie lieber erstmal beim Wasser bleiben sollten
-Die Anstrengung mehr auf das Musik hören als auf effiziente Arbeit verlagern. . . immer frei nach dem Motto: “Arbeite nicht für das Festival. Lass das Festival für dich arbeiten.” (Geschicklichkeit beweist sich hier auch durch planloses umherlaufen zwischen ohnehin schon von Arbeitern überfüllten Ständen)




Sehr unterhaltsam war festzustellen wie gegen 9:00 alle hochprozentigen Alkoholressourcen leer gekauft waren. Die mürrischen Antworten auf: “Sorry mate, unfortunately we’re out of Smirnoff. What ‘bout a Carlton* or a Tooheys*??”(*-Bier) kann man als deutscher Biertrinken, bei der australischen Biergeschmackkomposition gut nachvollziehen. Es war genauso unterhaltsam wie es sich anhört und leider auch dementsprechend kurzfristig.

So kam es, dass die in Angriff genommene Gastronomiekarriere ein jähes Ende fand. Grund, einfach zu viele Backpacker in der Stadt und scheinbar war jeder scharf darauf in einem der unzähligen Szene Bars, Cafés oder Nachtclubs zu arbeiten. Da halfen auch die fantasievoll erdachten, deutschen Arbeitsreferenzen im modifizierten Lebenslauf nicht wirklich. Fazit: Zu viel Nachfrage, zu wenig Stellenangebote.

Ein Alternativplan musste her.
-Baustelle? möglich, aber nicht ohne White Card. Da das aber ein ähnliches Zertifikat wie das RSA ist, wieder Geld und vor allem Zeit kostet, wollten wir einen weiteren Reinfall möglichst umgehen.
-Fastfood Restaurant? Die wollen uns sowieso nicht, die stellen lieber 16 jährige Australier unter Mindestlohn ein.
-Farm Work? ohne Feld und Vieh irgendwie schwer.
-Housekeeping? uff, nicht nochmal. NEE! Ein bisschen Ehre bleibt dann doch noch.

Was können wir denn sonst noch?? RICHTIG! LABERN!!!
Gesagt, getan und nach ein, zwei Bewerbungsgesprächen hieß es dann “Klopf klopf”. . . “wer ist denn da?? Oh der Micha und der Basti, sie kommen um mein Geld zu nehmen”.

Door to Door Sales, das Ass im Ärmel. Der perfekte Zaubertrick fürs leere Backpackerkonto, wenn gewusst wie. In einem einwöchigen Training wurden wir mit so ziemlich allem bombardiert was man über die/das Produkt(e) so wissen muss. Prices, Deals and Discounts. Viel wichtiger und interessanter war jedoch den eigentlichen Verkaufsprozess zu analysieren und vorzubereiten. Report, Discovery, Recommendation, Ask. der Weg zum Verkauf und unser Weg zum Glück. Man exorzierte Szenarien, lernte psychologische Tricks zum Sympathiegewinn und verinnerlichte die ersten Sätze der Verkaufskonversation.

Mit dem Beginn der Trainingswoche war endlich auch die finale Bude gefunden. Ein Zimmer in einem relativ stadtnahen und geräumigen Haus mit Kunststudenten Flair. Unsere Gastgeberin Alana machte einen sehr in sich gekehrten und zurückhaltenden ersten Eindruck, schien aber dennoch eine sehr nette Person zu sein. Zögernd fast schon ein wenig beschämt wirkt sie in alltäglichen Situationen und Gesprächen mit uns. Doch wie die ersten Tage vergingen, änderte sich das Bild ein wenig.
Es war ein ganz normaler Abend, an dem ich vor der Spüle stand und mir den Abwasch vornahm, der schon seit Tagen überfällig war. Ein wenig verwirrt, fast schon als stünde sie neben sich blicke mich Alana an als sie die Küche betrat. Dann kehrte sie sich ab ohne ein Wort gesagt zu haben und nahm zwei Scheiben Toast aus dem Schrank. Nach mehrmaligen Versuchen den Toaster zu betätigen gab sie ihr Unterfangen auf und spielte nervös mit ihren Händen umher. Ich versuchte ihr klar zu machen das der Hebel sich von allein wohl nicht bewegen würde und half ihr. Nochmals blickte sie mich nur beschämt an und versuchte ein Lächeln hervor zu zwingen. Dann wies sie mit ihrem ausgestreckten Zeigefinger auf meinen Fuß. Ein wenig irritiert fragte ich: “what’s the matter, s there something wrong with my foot??”. Worauf Alana antwortete: “Sebastian!! Your feet, they look like wood! Can’t you see!? With the entire kitchen floor moving and those green and brown stripes.” Für eine Sekunde zweifelte ich ein wenig an meiner Sprachkenntnis. Das machte alles irgendwie keinen Sinn. Aber das musste es auch gar nicht. Bei einem tieferen Blick in ihre Augen stellte ich fest was der Grund ihres merkwürdigen Verhaltens war. Sie war total high!! Dann drehte sie sich um und es wurde alles nur noch abgedrehter. Sie hielt mir einen fünf minütigen Vortrag über ihre Teepackungen, die ihrer Meinung nach aussahen wie Wolkenkratzer der Perth City.
Nachdem ich den Schock überwunden hatte und auch mein Lachen nicht mehr zurück halten konnte, schien sie langsam selbst zu realisieren was sie da von sich gab. Plötzlich war sie wieder die schüchterne und beschämte Alana. Diesmal wohl zu Recht.

Ein paar Tage später war der erste “richtige” Arbeitstag gekommen. Mit den Waffen unseres Verstandes gewappnet traten Micha und ich auf die Straße, bereit den Kampf gegen die mehr oder weniger gefüllten Geldbeutel der Bürger Perths anzutreten. Weiter und weiter kreisten die ersten Sätze und das gesamte Verkaufsritual durch unsere Köpfe. Und da war sie, die erste Tür. Nur ein wenig musikalische Untermalung hätte diese Begegnung mehr dramatisieren können. Entschlossen bewegte ich meine zur Faust geballte Hand in Richtung Eingang. Knock. . .Knock. . .Knock. . . und dann!!

NICHTS.

Nochmal. Knock. . . Knock. . . Knock. . .

NICHTS.

Keiner da. Mmh. Auf zur nächsten Tür. Wieder öffnete niemand. Jedoch machte es nach einer Weile Sinn. Immerhin war es 2 Uhr mittags. Wer nicht arbeitslos, schwanger oder pensioniert ist würde wohl kaum zu Hause sein. Ein wenig zu routiniert im Klopfen unbemannter Häuser stockte mir etwas der Atem als ich das erste Mal Schritte von der anderen Seite auf die Tür zugehen hörte. Dennoch gefasst begrüßte ich meinen ersten Kunden mit den geübten Sätzen. Naja es war mehr ein Versuch diese Worte zu äußern.

Ich: “hey my Name is Sebastian, I am visiting. . .”
Kunde: ”Uhhh. . .Foxtel!? Not interested!”

Dann schwang die Tür, etwas entschlossener zu, als sie geöffnet wurde. Und das war ein Schock. Man hatte uns alle möglichen Tricks für das Verkaufsgespräch verraten, aber darauf hatte ich mich nicht eingestellt.



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Ich denke ich spreche für Micha und mich, wenn ich sage, es dauerte ein paar Tage sich an die gemischten Reaktionen der Kundschaft zu gewöhnen. Es fing an zu funktionieren, als man aufhörte sich auf sich selbst zu konzentrieren und anfing auf den Menschen der vor einem steht zu reagieren.



Eines soll auf jeden Fall gesagt sein. Es ist vielleicht nicht die angesehenste Arbeit auf Erden. Es ist auch auf keinen Fall eine Arbeit von der man ein Leben lang begleitet werden will. Aber wenn man weiß wie sie funktioniert, wenn man ein bisschen Anstrengung investiert und erste Erfolge feiert, beseitigt die Bezahlung alle Zweifel.

So liege ich heute den ersten Tag seit langem wieder arbeitslos in meinem Bett. Habe den Payslip vor Augen, die Landkarte neben mir und blicke mit sorgenlosem Grinsen den restlichen Monaten unserer Reise entgegen.



TIME TO HIT THE ROAD AGAIN!

Basti