Die Flucht aus Cairns fällt schwer. Das könnte daran liegen, dass der Abschied vom Great Barrier Reef irgendwie doch ziemlich schnell passierte. Viel ausschlaggebender ist aber wahrscheinlich der Fakt das die Heimreise immer näher rückt. Beim entdecken unglaublicher Naturwunder, unter dem vor Sternen explodierenden Nachthimmel im Outback, beim Fahren tausender Kilometer entlang endloser Straßen, wenn Abenteuer und Action das Adrenalin im Körper aufkochen lassen, in einsamen Stunden, sowie mit jeder Begrüßung neuer Freunde, immer sind wir begleitet von diesem einen Gedanken. Irgendwann wird all das vorbei sein . . . Aber wie würde das wohl sein?? Oft hat man sich darüber unterhalten.Doch nun wird aus Fiktion Realität, aus Ideen werden Pläne und aus Spekulation wird langsam Klarheit. Fakt ist: ein bisschen Zeit bleibt uns noch und die werden wir gebührend nutzen.
Nach einigen mehr oder weniger geglückten Surfausflügen “along the way” heißt der nächste Stop: Hervey Bay. Ein verschlafenes Städtchen an der nordöstlichen Küste Queenslands. Über einen Internetaufruf treffen wir auf Dave.
Er ist aus Kanada, kam auch als Backpacker nach Down Under. Jetzt, rund 20 Jahre später, hat er hier ein Haus, drei Kinder, keine Frau mehr (er sagt zum Glück) und darf sich australischer Staatsbürger nennen. Sein Haus könnte man allerdings eher als Refugium für die ortsansässige Jugend beschreiben. Verständlich. Aufgrund seiner kollektiven Art und dem Hang gerne Geschenke anzunehmen, die andere Menschen als Sperrmüll bezeichnen würden, hatte er ein wahres Königreich an Habseligkeiten angesammelt.3 Boote, ein Trampolin, Bogenschießanlage, ein Baumhaus, Feuerstelle, Camping Trailer, ein Projektor für Abende mit Heimkino und Xbox 360, eine Garage voll mit Zeug und duzende Skateboards, Scooter usw. Kurz, ein Ort voller Schätze, Fundstücke und Verstecke. Viel wichtiger war wahrscheinlich aber der Fakt, dass wenn die Schulglocke das Wochenende einläutete, auch der ein oder andere Drink im Asylheim Dave gekippt werden konnte. Welches Kind würde nicht gern an einem Ort sein, an dem man all das machen kann, was einem die eigenen Eltern verbieten.
Aber nun zurück zum eigentlichen Grund unserer Zusammenkunft mit Dave. Neben einigen Tagen kostenloser Übernachtungen in separaten Betten, war der Mittelpunkt unseres Aufenthalts in Hervey Bay ein Trip nach Fraser Island. Fraser Island ist die größte australische Sandinsel mit tropischer Fauna. Da die Insel jedoch zum Wandern einfach zu groß ist und James die passenden „Wanderschlappen“ fehlen, musste erstmal ein alternativer Plan ran. Die immensen Kosten einer kommerziellen Tour waren schockierend. Hier kam Dave ins Spiel. Über Internetwerbung betreibt der ehemalige Ranger und Tourguide nun private Mountainbiking Trips zur Insel. Richtig! Fraser Island ist eine Sandinsel und ja, Mountainbike Trips.
Oh Mann! Es kann sehr deprimierend sein. Man tritt mit aller Macht, am Berganstieg, in die Pedale. Die Geschwindigkeit mit der man sich fortbewegt, fühlt sich kaum schneller als 1 Meter pro Stunde an. Und um die Schande des Momentes noch ein wenig unerträglicher zu machen, wird man von einem 25 Jahre älteren, mit Gepäck vollgepacktem Mann, in erniedrigend hoher Geschwindigkeit, überholt. Soviel zu den harten Momenten. Doch die unvergesslich schönen überwiegen! Lassen wir doch mal wieder die Bilder sprechen.
Nach ein paar Tagen sagen wir „auf Wiedersehen Fraser . . . HALLO James!“. Die Verkaufsanzeige ist schnell online und erste Klicks werden mit Freude verzeichnet. Auf der Suche nach Ummeldepapieren, sowie Infos zu Verkaufs- und Übergabedokumenten kommt der Schock! Das Roadworthy Certificate ist eine australische “Straßentauglichkeits- Untersuchung” und Pflicht für JEDEN Autoverkauf. Bemühungen selbiges zu erwerben müssen vor der Umwerbung des zu verkaufenden Fahrzeuges erfolgen. Nicht- vorzeigen des RWC’s auf Anfrage kann mit einem Bußgeld von 500$ geahndet werden. So war der Internetaufruf ebenso schnell wieder gelöscht wie er veröffentlicht wurde. Egal, einfach schnell zum Mechaniker, den Wisch geholt und dann passt das schon. So der Plan. Ich blicke in das Gesicht des Werkstattmeisters als man uns anhand einer möglichst langen Liste kommerzieller Pingeligkeit, einredet den Van lieber gleich zu verschrotten. Ich stelle mir einen kleinen, giftigen Gnom vor, der mir seine dämonischen Dienste im Austausch zu meiner Seele anbietet. Doch das ist ein Preis den wir nicht bereit sind zu zahlen!!! Den Werkzeugkoffer zur Seite, stellen wir uns der teuflischen Liste. Einbauen, Umbauen, Festziehen, Justieren, Schleifen, Kitten, Lackieren. . .
Bewundernswert welche Mächte im eigenen Körper warten, geweckt zu werden. Noch dazu muss man unserem Michael jede Danksagung widmen. Gut, als Rostbehandlungsmeister und Lackierfuzzi habe ich meinen Teil beigetragen. Aber es war der Micha, der mit den Waffen erfahrener Heimwerkerlogik die heiß begehrte Roadworthy errungen hat.
Ein Problem bleibt. Die tagelange Arbeitszeit hatte uns aus dem Zeitplan geworfen.
UND SO HEISST ES: JETZT ABER SCHNELL!!! AB NACH BRISBANE!!!
Basti